Gemeinsam Menschen ein sicheres Zuhause geben
Superkraft Stabilisierung
22. Mai 2025
Könnten sich politisch Verantwortliche und Hilfsorganisationen eine Superkraft wünschen, stünde „Menschen ein sicheres Zuhause ermöglichen und Zuversicht schenken“ wohl weit oben auf der Liste. Tatsächlich hat das UNDP in den vergangenen Jahren zusammen mit der deutschen Bundesregierung große Erfolge dabei erzielt, in Konfliktregionen Sicherheit, Vertrauen und Infrastruktur wiederherzustellen. Dafür setzt das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen sehr effiziente, sogenannte Stabilisierungsmaßnahmen ein. Sie ermöglichen Menschen, wieder ihren Lebensunterhalt zu verdienen und sind Voraussetzung dafür, dass Vertriebene zurückkehren können und wollen.
Allein im Irak wagten sich deshalb von rund sechs Millionen Binnenvertriebenen bis zu fünf Millionen in ihre alte Heimat zurück. Die Bundesregierung unterstützt derartige Interventionen politisch und finanziell kraftvoll und arbeitet dabei Hand in Hand mit anderen Geberländern. Vielerorts auf der Welt konnte das UNDP deshalb Regionen nachhaltig stabilisieren, was auch im deutschen Interesse liegt.
Bei Stabilisierung handelt es sich weder um klassische Entwicklungszusammenarbeit noch um humanitäre Hilfe, sondern um einen hochwirksamen Kooperationsansatz. Es geht darum, vor allem auf lokaler Ebene Vertrauen wiederherzustellen: zwischen lokalen Regierungen sowie Sicherheitskräften und Akteuren der Zivilgesellschaft, also Unternehmen, religiösen Gemeinschaften und Nichtregierungs- Organisationen. Im Idealfall gelingt es, dass die Bevölkerung sehr schnell die Vorteile des friedlichen Miteinanders als sogenannte Friedensdividende erlebt. Dabei haben sich insbesondere Maßnahmen als nachhaltig bewährt, die Frauen rechtlich, politisch und wirtschaftlich stärken.
Stabilisierungsmaßnahmen sind sowohl vor, während als auch nach Krisen hilfreich. Sie sind kurzfristig angelegt, das heißt auf sechs Monate bis zu maximal zwei Jahre, stellen aber die Weichen, um die wirtschaftliche sowie politische Entwicklung langfristig voranzutreiben und weitere Krisen zu verhindern
Irak nach dem Islamischen Staat (IS): Am Anfang war das Haus
Samia Ibrahim Aswad
Samia Ibrahim Aswad, 55, ist Mutter von elf Kindern und eine von sechs Millionen
Irakerinnen und Irakern, die beim Kampf gegen den IS ihre Heimat und noch sehr
viel mehr verloren. Ihr Mann wurde tödlich von einem Geschoss getroffen, als die
Familie aus Mossul floh. Als sie dorthin zurückkehrte, brach ihr Herz zum zweiten
Mal, angesichts des Hauses, das sich seit Generationen im Besitz der Familie
befunden hatte. Jetzt war es Geröll. „Ich hatte das Gefühl, nach meinem Mann
auch einen Großteil unserer Familiengeschichte verloren zu haben.“ Inzwischen
steht an der Stelle wieder ein Haus für die ganze Familie, errichtet mit Hilfe des
UNDP.
Allein in Mossul hat die Organisation geholfen, über 12.000 Häuser aufzubauen.
Nachdem irakische Streitkräfte die ersten vom IS besetzten Gebiete befreit hatten,
bat die irakische Regierung um internationale Unterstützung und Schutz für
die Bevölkerung.
2015 begann das UNDP mit der Arbeit in den befreiten Gebieten. Seither hat das
Programm im Irak rund 3800 Projekte betreut und Schulen, Krankenhäuser, Universitäten,
Brücken, Märkte, Wassersysteme und Stromnetze saniert. Deutschland
hat diese Arbeit zusammen mit 29 anderen Geberländern als Teil einer breiten
Anti-IS-Koalition mitfinanziert. Elf Millionen Menschen haben davon profitiert,
bis zu fünf Millionen Irakerinnern und Iraker konnten in ihre Heimatorte zurückkehren.
Wie Samia Ibrahim Aswad sagt: „Das Leben hat wieder begonnen. Wenn ich
meine Enkelkinder im Haus herumlaufen sehe, gibt mir das Hoffnung, dass die
Zukunft rosig ist.“
Tschadbecken: Stabilisierung im Kampf gegen Boko Haram
Pusam Modu
UNDP arbeitet mit der Bundesregierung an der
Umsetzung vieler gemeinsamer Entwicklungsziele.
Zu den außenpolitischen Instrumenten der Bundesregierung
gehören zum Beispiel explizit Stabilisierungsmaßnahmen,
wie dargestellt in der „Nationalen
Sicherheitsstrategie“ ebenso wie in den politischen
Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte lösen, Frieden
schaffen“. 2022 veröffentlichte das Auswärtige
Amt zudem ein „Außen- und sicherheitspolitisches
Konzept für ein integriertes Friedensengagement“
unter dem Titel „Stabilisierung gestalten“. Darin
heißt es: „Gerade jetzt braucht es ein flexibles, an
die jeweilige Herausforderung anpassbares Instrumentarium,
um angesichts von Krisen und Konflikten
politisch zielgerichtet handlungsfähig zu sein.“ Und:
„Für die Überwindung von Gewaltkonflikten benötigt
es politisches Gewicht“ und dies könne Deutschland
„am wirksamsten gemeinsam mit internationalen
Partnern auf die Waage bringen“.
Der Klimawandel macht instabile Regionen noch
anfälliger für Konflikte und treibt Millionen Menschen
in die Flucht. Die meisten davon sind Binnenvertriebene,
einige versuchen auch, nach Europa zu flüchten.
Sowohl aus humanitären Gründen als auch im
europäischen Interesse bleibt Stabilisierung weiterhin
ein wirksames Kooperationsinstrument, welches
Grundvoraussetzung für eine nachhaltige und friedliche
Entwicklung ist.