Bericht des UN-Entwicklungsprogramms: Fortschritt bei der menschlichen Entwicklung auf 35-Jahres-Tief

60 Prozent der Befragten hoffen auf neue Arbeitsplätze durch Künstliche Intelligenz

18. Juni 2025
A young boy focused on a computer in a classroom, with others using computers in the background.

Bericht des UN-Entwicklungsprogramms: Fortschritt bei der menschlichen Entwicklung auf 35-Jahres-Tief

UNDP

Der weltweite Fortschritt in der menschlichen Entwicklung verlangsamt sich in einem alarmierenden Maße, dies geht aus dem heute vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlichten Bericht über die menschliche Entwicklung hervor. Der Bericht zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) die Entwicklung weltweit wieder ankurbeln könnte.

Statt eines nachhaltigen Aufschwungs nach den pandemiebedingten Krisenjahren 2020-2021 zeigt der Bericht unerwartet schwache Fortschritte. Sieht man von diesen Krisenjahren ab, ist der im Bericht prognostizierte magere Anstieg der globalen menschlichen Entwicklung der geringste seit 1990.  

Der diesjährige Bericht über die menschliche Entwicklung 2025 analysiert die Entwicklungsfortschritte anhand einer Reihe von Indikatoren, die als Index der menschlichen Entwicklung (HDI) bekannt sind und die Leistungen in den Bereichen Gesundheit und Bildung sowie das Einkommensniveau umfassen. Die Prognosen für das Jahr 2024 zeigen, dass die Fortschritte beim HDI in allen Regionen der Welt zum Stillstand gekommen sind.

Neben der alarmierenden Verlangsamung der globalen Entwicklung stellt der Bericht auch wachsende Ungleichheiten zwischen reichen und armen Ländern fest. Da traditionelle Entwicklungspfade durch globale Herausforderungen unter Druck geraten, sind entschlossene Maßnahmen erforderlich, um die Welt aus der anhaltenden Stagnation des Fortschritts herauszuführen.

„Jahrzehntelang waren wir auf dem Weg, bis 2030 einen sehr hohen Stand der menschlichen Entwicklung zu erreichen, aber die derzeitige Verlangsamung stellt eine reale Bedrohung für den globalen Fortschritt dar. Wenn der schleppende Fortschritt von 2024 zur 'neuen Normalität' wird, könnte der Meilenstein 2030 um Jahrzehnte verfehlt werden - was unsere Welt unsicherer, gespaltener und anfälliger für wirtschaftliche und ökologische Schocks machen würde.“

Achim Steiner, Administrator des UNDP

Dem Bericht zufolge nimmt die Ungleichheit zwischen Ländern mit niedrigem HDI und Ländern mit sehr hohem HDI im vierten Jahr in Folge weiter zu. Damit kehrt sich ein langfristiger Trend sinkender Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern um.

Die Länder mit den niedrigsten HDI-Werten stehen vor besonders großen Entwicklungsherausforderungen - angetrieben durch zunehmende Handelsspannungen, die sich verschärfende Schuldenkrise und die voranschreitende Industrialisierung ohne eine gleichzeitige Schaffung von ausreichenden Arbeitsplätzen.

„Inmitten dieser globalen Turbulenzen müssen wir dringend nach neuen Wegen suchen, um die Entwicklung voranzutreiben. Während die künstliche Intelligenz in so vielen Bereichen unseres Lebens rasant voranschreitet, sollten wir ihr Potenzial für menschliche Entwicklung nützen. Fast täglich entstehen neue Möglichkeiten, und obwohl KI kein Allheilmittel ist, hat sie das Potenzial, die menschliche Entwicklung wieder anzukurbeln und neue Wege zu eröffnen.“

Achim Steiner

Der Bericht enthält die Ergebnisse einer neuen Umfrage, aus der hervorgeht, dass die Menschen den Veränderungen, die KI mit sich bringen kann, realistisch und dennoch hoffnungsvoll gegenüberstehen.

Die Hälfte der Befragten weltweit glaubt, dass ihre Arbeitsplätze durch KI gefährdet werden könnten.  Ein noch größerer Anteil - sechs von zehn - erwartet, dass sich KI positiv auf ihre Beschäftigung auswirken und Möglichkeiten für Arbeitsplätze schaffen wird, die es heute noch nicht gibt.  

Nur 13 Prozent der Befragten befürchten, dass KI zu Verlusten von Arbeitsplätzen führen könnte. Im Gegensatz dazu erwarten 70 Prozent der Befragten in Ländern mit niedrigem und mittlerem HDI, dass KI die Arbeitsproduktivität steigern wird, und zwei Drittel der Befragten gehen davon aus, KI-Anwendungen innerhalb des nächsten Jahres in Bildung, Gesundheit oder Beruf einzusetzen.

Der Bericht plädiert für einen KI die einen starken Fokus auf den Menschen setzt. Ein Ansatz, der das Potenzial hat, Entwicklungsansätze grundlegend neu zu gestalten. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Menschen auf der ganzen Welt für diese Art von „Neustart“ bereit sind.  

Der Bericht beleuchtet drei kritische Handlungsbereiche:

  1. Den Aufbau einer Wirtschaft, in der die Menschen mit der KI zusammenarbeiten, anstatt gegen sie zu konkurrieren
  2. Die Einbindung menschlicher Fähigkeiten in den gesamten KI-Lebenszyklus, von der Entwicklung bis zum Einsatz
  3. Die Modernisierung der Bildungs- und Gesundheitssysteme, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden

Die Demokratisierung der KI ist bereits im Gange. Etwa ein Fünftel der Befragten gibt an, KI bereits zu nutzen.  Das macht die Schließung von Lücken bei Strom- und Internetzugang dringlicher denn je, damit niemand vom technologischen Fortschritt ausgeschlossen wird. Der Zugang allein reicht jedoch nicht aus: Die wirkliche Kluft wird davon abhängen, wie wir KI nutzen, um menschliches Handeln sinnvoll zu ergänzen und zu erweitern.

„Die Entscheidungen, die wir in den kommenden Jahren treffen, werden das Vermächtnis dieses technologischen Wandels für die menschliche Entwicklung bestimmen. Mit der richtigen Politik und dem Fokus auf den Menschen kann die KI eine entscheidende Brücke zu neuem Wissen, Fähigkeiten und Ideen sein, die jeden, vom Landwirt bis zum Kleinunternehmer, das Leben leichter machen können.“ 

Pedro Conceição, Direktor des UNDP-Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung.

 

Zum Bericht (Englisch)