Energie Governance: Vier Wege zum Erfolg

18. January 2023

Der Zugang zu Energie hat Auswirkungen auf alle Aspekte unseres Lebens, einschließlich Gesundheit, Einkommen, Bildung und Ernährung. Eine gerechte Energiewende ist entscheidend für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung.

UNDP Cambodia/Manuth Buth

Eine Nachricht, die es in der Regel nicht in die Schlagzeilen schafft: Weltweit verfügen 770 Millionen Menschen über keine Stromversorgung in ihrem Haus. Sie können kein Licht anschalten, wenn die Sonne untergeht, keinen Ventilator einschalten, wenn es unerträglich heiß ist, und keinen Ofen anstellen, wenn sie eine Mahlzeit zubereiten wollen. Nicht nur nach einer Überschwemmung, einem Erdbeben, einem Sturm oder in Konfliktzeiten, sondern jeden Tag. Diese Realität hat Auswirkungen auf ihr Leben, ihr Einkommen, ihre Bildung, ihre Ernährung, ihre Gesundheit und jeden einzelnen Aspekt ihres Lebens. Ihnen wird etwas Grundlegendes vorenthalten: Der Zugang zu Energie. Wenn wir die von den Staats- und Regierungschefs der Welt im Jahr 2015 vereinbarten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) erreichen wollen, muss sich dies ändern. Aber wie?

Eine gerechte Energiewende ist die Antwort. Das bedeutet, dass wir Menschen und Gemeinschaften in den Mittelpunkt unserer Energiewende stellen müssen. Diese Umstellung fördert sowohl die Anpassung an den Klimawandel als auch den Klimaschutz. Die Energiewende muss im breiteren Kontext einer nachhaltigen menschlichen Entwicklung stattfinden – und zwar so, dass sie niemanden zurücklässt, Menschen aus der Armut holt, soziale Ungleichheiten verringert, die Menschenrechte unterstützt und dem allgemeinen öffentlichen Interesse dient, anstatt die Interessen bestimmter Gruppen zu fördern.

In Anerkennung der zentralen Bedeutung des Energiesektors für die Klimaziele haben sich Länder im Rahmen ihrer national festgelegten Beiträge verpflichtet, ihre Emissionen zu senken und sich an die Klimaauswirkungen anzupassen. Und UNDP hat sich verpflichtet, mit den Ländern zusammenzuarbeiten, um Fortschritte zu erzielen, indem es Maßnahmen zum Klimawandel ausweitet.

Die Verpflichtung, niemanden zurückzulassen („Leave No One Behind“), ist nicht nur ein Slogan. Es geht darum, den Zugang zu Energie für diejenigen zu verbessern, die am weitesten zurückgelassen wurden, am schwersten zu erreichen sind oder in Krisensituationen leben. In diesem Zusammenhang haben sich UNDP und seine Partner*innen dazu verpflichtet, bis 2025 500 Millionen Menschen zusätzlich mit nachhaltiger und erschwinglicher Energie zu versorgen. Dies erfordert auch eine Verbesserung der Energieeffizienz und eine Beschleunigung der Energiewende durch die Nutzung nachhaltiger Energietechnologien, innovative Geschäftsmodelle sowie die Entwicklung neuer Strategien für Investitionen des Privatsektors. 

Es gibt keine Allzwecklösung. Um ihre ehrgeizigen Energieziele zu erreichen, benötigen die Länder passende Verwaltungsorgane, Rahmenbedingungen, Strategien, Programme und Prozesse, die zusammenwirken, um den Übergang zu unterstützen. UNDP hat sich verpflichtet, die Länder bei der Stärkung ihrer Energiepolitik zu unterstützen und empfiehlt vier Prioritäten:   

  • Integrative und effektive Institutionen, die die wesentliche Grundlage für die Verwirklichung der Energieprioritäten des 21. Jahrhunderts bilden. Die Institutionen müssen reaktionsfähig, rechenschaftspflichtig, vertrauenswürdig und transparent sein und in der Lage sein, in einer koordinierteren Art und Weise über die gesamte Regierung hinweg zu handeln, um übergreifende Herausforderungen oder Chancen in der Gesellschaft anzugehen. Die Kapazitäten und Fähigkeiten der Institutionen müssen zudem gestärkt werden, um zu gewährleisten, dass sie ihre Aufgabe so effizient und effektiv wie möglich erfüllen. 
  • Ein rechtlicher und regulatorischer Rahmen, der ein begünstigendes Umfeld schafft, um erneuerbare Energien zu fördern, private Investitionen anzuregen, neue Innovationen im Bereich der sauberen Energie zu unterstützen und innovative Geschäftsmodelle für den Energiesektor zu fördern. Der Rechtsrahmen muss auch klar definierte Durchsetzungsmechanismen mit eindeutigen Zuständigkeiten und Pflichten aller Beteiligten vorsehen, um den Schutz der Menschen vor neuen Risiken, z.B. im Zusammenhang mit dem Internet, zu gewährleisten. 
  • Bürgerschaftliches Engagement und Befähigung sind ein Muss, um eine erfolgreiche Energiewende aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive zu gewährleisten. Der Schutz und die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Raums durch die Befähigung von Bürger*innen und Gemeinschaften, sich an der Problemdiagnose zu beteiligen und Energielösungen mitzugestalten, ist von entscheidender Bedeutung. Dies kann auch durch die Schaffung von Plattformen, die Innovationen fördern, geschehen. Die Stimmen von Frauen, Jugendlichen, indigenen Völkern, Menschen mit Behinderungen und anderen, die oft von der öffentlichen Politikgestaltung ausgeschlossen sind, aber am meisten davon betroffen sind, müssen in die Entscheidungsprozesse im Energiebereich einbezogen werden.   
  • Angemessene Aufsicht, u. a. durch nationale Parlamente und ihre Ausschüsse sowie unabhängige Agenturen, Ombudsleute, Menschenrechtskommissionen, Antikorruptionsagenturen, Ermittlungs- und Justizbehörden und Verbraucherkommissionen. Diese spielen eine wichtige Rolle in der Energiepolitik des 21. Jahrhunderts, da sie die sie die Einhaltung der Grundrechte und -standards sicherstellen müssen. 

Obwohl der Bereich der Energie-Governance relativ neu ist, hat uns unsere jahrzehntelange Arbeit im Bereich guter Regierungsführung in mehr als 130 Ländern in allen Regionen gezeigt, dass der Erfolg von vier Ansätzen und Schwerpunkten abhängen wird:

  • Eine integrative und integrierte Umsetzung, die die Gleichstellung der Geschlechter unterstützt, indem sie ermittelt, wer zurückbleibt, und die Energieplanung und -umsetzung und politische Unterstützung integriert und mit anderen Bereichen wie Gesundheit, Bildung, Armut, Ungleichheit und Beschäftigung verknüpft. Dies erfordert auch verstärkte geschlechtersensible Daten.
  • Mehrebenenansätze, die die Bedeutung der lokalen Governance-Ökosysteme anerkennen, die erforderlich sind, um lokale Energiemaßnahmen durch die Unterstützung lokaler Interessengruppen zur Beteiligung, Innovation und Mitgestaltung geeigneter Energielösungen zu fördern.
  • Eine digital gestützte Planung und Umsetzung, die enorme Möglichkeiten zur Verbesserung von Prozessen und Ergebnissen bietet. Sie kann unsere Maßnahmen katalysieren, indem sie das Systemdenken verbessert, die Datennutzung steigert, Innovationen bei der Umsetzung hervorbringt, neue Kooperationsmöglichkeiten schafft, die gemeinsame Interessenvertretung fördert und den Wissensaustausch verbessert.
  • Ein flexibler und anpassungsfähiger Ansatz für die Governance bzw. gute Regierungsführung, der Fortschritt in einer komplexen und unsicheren Zeit unterstützt. Die Umsetzung sollte in den Mittelpunkt gestellt und kollektive Intelligenz genutzt werden, um Risiken und Herausforderungen vorherzusehen, ihnen vorzubeugen, auf sie zu reagieren und sie zu bewältigen.

Die konsequente Anwendung dieser vier Ansätze in den vier Schwerpunktbereichen wird unsere Wirkung in den kommenden Jahren verstärken und vervielfachen.

UNDP hat schon immer einen integrierten Ansatz verfolgt, um Menschen zu helfen. In Nepal beispielsweise hat UNDP Frauen und andere benachteiligte Gruppen durch den Zugang zu Elektrizität gestärkt. In Simbabwe hat die Installation von Sonnenkollektoren in Gesundheitseinrichtungen dazu beigetragen, dass das Gesundheitspersonal Komplikationen während und nach der Schwangerschaft und Geburt verringern konnte. In Paraguay wurden die Bürger*innen der Hauptstadt in Entscheidungen zur Stadtplanung einbezogen, um diese zu einer grünen Stadt zu machen.

Der vorgeschlagene Rahmen wird UNDP dabei helfen, seine Kernkompetenzen einzubringen und mit unseren Partner*innen zusammenzuarbeiten, indem wir auf deren Fachwissen und Ressourcen zurückgreifen. Der Rahmen wird uns auch dabei helfen, stärker systemisch zu denken, Lücken zu erkennen und solche Governance-Systeme zu unterstützen, die die Komplexität des Energiesystems und seine Verflechtung mit anderen Problemen erkennen und angehen. Dies trägt zu einer gerechteren Transformation im Energiesektor bei – die die Welt dringend benötigt.

Die englische Version des Artikels erschien am 25. Oktober 2022.